Er und sie auf Landpartie
Lui e lei wurde La Contessa in Gräfinthal
Gemeinsam bringen sie es auf über fünfzig Jahre Gastronomie-Erfahrung. Roberto Ferraro und Jasmin Lanecki sind eine feste Größe in der saarländischen Gastronomieszene. Er hat große Erfahrung in den besten Restaurants des Saarlandes gesammelt, war schließlich im Kult-Restaurant I Latini in Saarbrücken. Jasmin Lanecki, gelernte Restaurantfachfrau, arbeitete in Top-Häusern wie Kuntzes Handelshof in Saarbrücken. Dann eröffneten beide in Güdingen ein eigenes Restaurant. „Lui e lei“ – zu Deutsch er und sie – wirbelte im Handstreich die gastronomische Landschaft in der Saar-Metropole auf. Leichte, authentische italienische Küche, exklusive, edle Zutaten, herzlicher Service, das machte Lui e lei aus. Sieben Jahre lang machten sie das Ristorante im Güdinger Ortskern zum Mekka für Feinschmecker. Dann kam Corona, und für das Güdinger Lui e lei das Ende. Seit diesem Jahr haben die beiden ein neues Restaurant. In Gräfinthal betreiben sie „la Contessa“. Wir schauten uns um.
„In Güdingen hatten wir keine Perspektive mehr“, erklärt Roberto Ferraro im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung. Es war nicht allein die Verkehrssituation, die schwierig war im engen Ortskern. Es war vor allem der fehlende Platz im Restaurant. „In Coronazeiten, in denen wir Abstand halten müssen und weniger Plätze besetzen dürfen, hätten wir in Güdingen keine Chance gehabt, die Zeit der Restriktionen zu überleben,“ so Ferraro. In Gräfinthal ist alles anders. La Contessa, den Namen des Restaurants ergänzen die beiden mit dem Untertitel „la dolce vita“, das ist Platz, wertige Ausstattung, liebevolle, verspielte Deko, ein riesiger Sommergarten. La Contessa ist schön und edel. Und sogar Hotel. Acht Zimmer hat es, die die herrliche Chance bieten, beispielsweise ein üppiges Gourmet-Wochenende im kleinen Weiler im Bliesgau zu verbringen, mit Spaziergängen oder Wanderungen, mit tollem Menü, ausgezeichneten Weinen, ohne Sorge ums Heimkommen.
Roberto und Jasmin – das sind lui e lei. Auch in Gräfinthal. Selbst wenn das Restaurant hier dem historischen Kontext geschuldet La Contessa heißt – lui e lei leben die zwei auch in Gräfinthal weiter. Bloß, was war es, was dieses kleine Restaurant in Güdingen so schnell zum Kult werden ließ? Roberto hilft mir, zu verstehen: „Ich mache keine Kompromisse. Bei mir gibt es nur die echten Originalzutaten der gehobenen italienischen Küche. Ich mache auch keine Parmigiana – obwohl ich gut Geld damit verdienen würde. Aber es passt nicht in meinen Qualitätsanspruch. In meiner Carbonara ist kein Gramm Sahne. Nie und nimmer.“ Wir werden unterbrochen, weil Robertos Telefon klingelt. Das Telefonat entwickelt sich aufgeregt. Sein Lieferant teilt ihm gerade mit, dass die weißen Trüffel, die er gerne verarbeitet, mittlerweile einen Kilopreis von 7500 Euro haben. „Damit man Trüffel in Pasta ordentlich rausschmeckt, muss ich vier Gramm an eine Portion machen. Das sind dann dreißig Euro. Ohne meine Arbeit, ohne die übrigen Zutaten. Wie soll man mit solchen Preisen noch kalkulieren“, klingt er verzweifelt. Die weißen Trüffel werden wohl besonderen Kunden vorbehalten sein, die derartig exklusive Delikatessen zu schätzen wissen. Ein Blick auf die Karte offenbart die italienischen Klassiker, allerdings inspiriert von der Lebensart von lui e lei, kreativ, frisch und intensiv.
Roberto mag keine dicken Saucen. Leicht kommen die Gerichte daher. Seine Leidenschaft gilt dem Fisch. Ganz frisch bezieht er ihn. Seezunge, Petersfisch – es sind die besonders feinen Fische, die er in seiner Küche verarbeitet. Wer Spaghetti Vongole bestellt, erhält sie nicht mit tiefgekühltem Muschelfleisch, sondern mit ganz frischen Muscheln, die ihre Schale noch haben. Der beste Nachweis für Frische und Sorgfalt in der Küche. Für die stehen übrigens Roberto selbst, aber auch sein Bruder Daniele und Agnese Passeri, arrivierte Köchin aus Italien. Allen gemeinsam ist die Liebe zu authentischen Zutaten allerhöchster Qualität, ohne Geschmacksverstärker, ohne Lebensmittelchemie.
Und dann kommen wir doch noch zu genau dem Thema, das Roberto die Zornesröte ins Gesicht treibt. Ich will wissen, wie er seinen Gästen erklärt, dass eine Pizza bei La Contessa schon mal 18,50 Euro kostet. Das ist ein strammer Preis, den man erklären muss. Roberto: „Ich verwende Mehl, das vier, fünf Euro pro Kilo kostet. Echtes italienisches Mehl, das speziell für eine perfekte Pizza entwickelt wurde. Ich verwende als Käse allerbeste Mozzarella. Keinen Gouda. Ich mache keine Kompromisse. Auch nicht beim Belag der Pizza. Und dann sind wir schnell bei einem solchen Preis.“ Es sind die perfekten Zutaten, die Geld kosten. Das ist hier genau der Punkt, an dem sich entscheidet, was dem Gast ein perfektes Essen wert ist. Ferraro könnte auch billiger – aber er will nicht billig, er will gut sein.
Immerhin, spannende Nachrichten für alle, die sich schon auf die kommende wärmere Saison freuen, in der hoffentlich niedrige Coronazahlen auch wieder geregelte Gastronomie zulassen: Roberto und Jasmin wollen im neuen Jahr in der Freiluftsaison zwei Alternativen bieten. Es wird die etwas volkstümlichere Pizzeria geben – bei allen hohen Standards, die die beiden an ihr Essen anlegen, mit kleiner Karte, perfekten Pizzen und leckeren Salaten bei schnellem Service, und daneben das Ristorante, in dem es edler, feiner, gehobener zugeht.
Text von Peter Gaschott